Die Mietwagenfalle

Das Problem

Der gesetzliche Grundgedanke ist einfach: Wer im Straßenverkehr das Eigentum eines anderen beschädigt, muss diesen schadlos halten, jedenfalls soweit seine eigene Verantwortlichkeit (etwa aufgrund Verschuldens oder der sogenannten Betriebsgefahr) reicht und nicht aufgrund einer Mitverantwortung des Geschädigten gemindert ist. Es gilt der Grundsatz der Totalreparation, das bedeutet, es ist im Prinzip der gesamte Schaden des anderen zu ersetzen.

Wenn Sie also etwa an der roten Ampel warten und ein Fahrzeug von hinten kommend nicht rechtszeitig bremst, sondern auf Ihr Fahrzeug auffährt und es beschädigt, muss der Fahrer – bzw. seine Versicherung – des anderen Fahrzeugs die Reparatur Ihres Wagens bezahlen. Wenn Ihr Wagen wegen des Unfalls eine Woche in der Werkstatt verbringt und Sie deswegen ein Ersatzfahrzeug benötigen, sind auch die dafür entstehenden Kosten Teil des Schadens, den der andere zu tragen hat.

So weit, so einfach und einleuchtend.

Gelegentlich kommen allerdings Mandanten zu uns, weil sich die gegnerische Versicherung weigert, solche Mietwagenkosten in voller Höhe zu erstatten. Gestritten wird in manchen dieser Fälle nicht über die Haftung an sich („dem Grunde nach“), auch nicht über Mithaftungsanteile, sondern über die legitime Höhe der Kosten für den Mietwagen selbst.

Es tut sich hier ein Problemfeld auf, das ich die „Mietwagenfalle“ nennen möchte; Falle deshalb, weil eine erhebliche Gefahr besteht, in sie zu tappen, ehe man überhaupt Bedarf gesehen hat, fachkundigen Rat eines Rechtsanwalts einzuholen, daneben auch, weil ihr, einmal hineingefallen, nicht unbedingt ganz einfach zu entkommen ist. Entgegen dem oben dargestellten Grundsatz kann es vorkommen, dass sich der Unfall für den Geschädigten, der eigentlich vollständig entschädigt werden muss (und, formal betrachtet, hier dennoch wird), als teurer Zwischenfall erweist.

Die Ursachen des Problems

Wie kann es, den Grundgedanken vorausgesetzt, also dazu kommen, dass ein Geschädigter auf Kosten sitzenbleibt? Dafür gibt es zwei mögliche Hauptursachen, die in der Findung des Mietwagenpreises liegen und wiederum folgende Grundwertung voraussetzen: Selbstverständlich wird der Geschädigte nämlich nur insoweit entschädigt, als er geschädigt ist. Aus dem Unfall darf und kann er keinen Profit schlagen. Er ist auch selbst gehalten, den Schaden nicht unnötig zu vergrößern.

Es gibt Mietwagenvermieter, die einen speziellen „Unfallersatztarif“ anbieten. Dieser ist in den hier interessierenden Fällen teurer als der Normaltarif. Aufgrund der dargestellten Wertung darf der Geschädigte einen solchen Tarif, der über dem Marktpreis für einen Mietwagen liegt, grundsätzlich nicht in Anspruch nehmen, denn das erhöht seinen Schaden ohne Not (oder, spiegelbildlich, ist schon gar nicht Teil seines Schadens). Wie fast immer gibt es auch davon Ausnahmen, etwa wenn der Tarif einen besonderen unfallspezifischen Mehrwert bietet oder günstigere Optionen nicht erkennbar waren.

Daneben kann auch der Standardtarif des konkreten Mietwagenunternehmens über dem Marktpreis und damit jenseits des Erforderlichen liegen. Um herauszufinden, ob dies der Fall ist, greifen Gerichte im Rahmen ihrer Schätzung auf Tabellenwerke zu den Marktpreisen zurück, wobei sich die genaue Methode je nach Gericht und auch im Einzelfall unterscheiden kann. Auch hier erkennt die Rechtsprechung wiederum Ausnahmen an, wann ein höherer Preis ersatzfähig sein kann.

Eine dritte, aber offensichtliche und daher ungefährlichere Falle liegt in der Anmietung eines zu hochklassigen Ersatzwagens. Dass die Mehrkosten dafür nicht zu ersetzen sind, liegt auf der Hand.

Die Lösung

Wenn Sie Unfallbeteiligter sind, müssen Sie bereits bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs auf die dargestellten Fallstricke achten. Sie müssen, grob gesagt, darauf achten, einen möglichst günstigen, jedenfalls aber marktgerechten Preis zu erzielen und keine Sonderkosten oder Gebühren zu verursachen. Diese gehen nämlich eventuell mit Ihnen heim.

Da viele Mandanten bereits einen Mietwagen beschafft haben, bevor sie sich anwaltlich beraten lassen, ist es in einigen Fällen zu spät, auf diesen Umstand hinzuweisen. Daher möge dieser Beitrag allen ins Bewusstsein rufen, was sie im Fall des Falles bestenfalls sofort wissen müssen.

Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist

Angenommen, Sie sind in die Falle getappt und haben nach einem völlig fremdverschuldeten Unfall, mit bestem Gewissen und dem Glauben, genau den richtigen, weil spezifischen, Tarif gewählt zu haben, einen Mietwagen zum erhöhten Unfalltarif angemietet. Angenommen, Sie haben – grundsätzlich zu recht – darauf vertraut, die Gegenseite müsse die vollen Kosten tragen. Was ist in diesem Fall zu tun? Ist es schon zu spät, wenn Sie zum Hörer greifen, um Ihren Rechtsanwalt um Rat zu fragen?

Grundsätzlich ja: Sie haben bereits Kosten ausgelöst, die nicht ersatzfähig sind.

Allerdings muss es dabei nicht bleiben: Wenngleich es in manchen Fällen tatsächlich endgültig nicht möglich ist, Ersatz für die Mehrkosten beim Unfallgegner zu erlangen, besteht unter einigen Voraussetzungen die Möglichkeit, Ersatz vom Vermieter des Mietwagens zu erhalten, Ersatz für den Schaden, der darin besteht, keinen vollen Ersatz zu erhalten.

Obwohl es zweifelsohne besser ist, von vornherein nicht in die Falle zu gehen, gibt es auch dann noch Hoffnung, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Spätestens jetzt wird allerdings kompetenter Rechtsrat kaum mehr verzichtbar sein.

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